Erben und Vererben
Worüber Careleaver Bescheid wissen sollten
Careleaver und Pflegekinder haben häufig wenig oder keinen Kontakt zu ihren leiblichen Eltern. Trotzdem sind die leiblichen Eltern im Todesfall die rechtmäßigen Erben, wenn sie oder er keine eigenen Kinder hinterlässt oder kein Testament erstellt hat. Wie das verhindert werden kann oder was zu tun ist, wenn Careleaver umgekehrt zur Übernahme der Beerdigungskosten herangezogen werden, erklärt unser Mitglied Marie im folgenden Beitrag.
Wie können Eltern oder andere Familienmitglieder vom Erbe ausgeschlossen werden?
Der Verstorbene (Erblasser) kann durch ein selbst geschriebenes handschriftlich verfasstes, ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag bestimmen, wer Erbe wird und wer demzufolge vom Erbe ausgeschlossen wird. Die Errichtung des Testaments ist in § 2247 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Danach ist für ein formgültiges Testament gemäß § 2247 Bürgerliches Gesetzbuch Folgendes erforderlich:
(1) Der Erblasser kann ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten.
(2) Der Erblasser soll in der Erklärung angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Orte er sie niedergeschrieben hat.
(3) 1. Die Unterschrift soll den Vornamen und den Familiennamen des Erblassers enthalten. 2. Unterschreibt der Erblasser in anderer Weise und reicht diese Unterzeichnung zur Feststellung der Urheberschaft des Erblassers und der Ernstlichkeit seiner Erklärung aus, so steht eine solche Unterzeichnung der Gültigkeit des Testaments nicht entgegen. (Das bedeutet, dass wenn der Erblasser anders als mit seinem Vor- und Nachnamen, z.b. mit Papa, unterschreibt, das Dokument trotzdem gültig ist. Das gilt nur, wenn die Bezeichnung des Erblassers klar identifizierbar und zuordbar ist.)
(4) Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein Testament nicht nach obigen Vorschriften errichten. (Grundsätzlich kann erst mit der Volljährigkeit ein selbst geschriebenes Testament erstellt werden).
(5) 1. Enthält ein nach Absatz 1 errichtetes Testament keine Angabe über die Zeit der Errichtung und ergeben sich hieraus Zweifel über seine Gültigkeit, so ist das Testament nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweit treffen lassen. (Deshalb unbedingt Datum drauf schreiben).
2. Dasselbe gilt entsprechend für ein Testament, das keine Angabe über den Ort der Errichtung enthält. (Deshalb unbedingt Ort angeben).
Careleaver können die leiblichen Eltern durch ein Testament oder ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag vom Erbe ausschließen. Umgekehrt können Eltern auf dieselbe Weise auch ihre leiblichen Kinder als Erben ausschließen.
Das notarielle Testament macht ein Notar. Bei einem Erbvertrag schließen mindestens 2 Personen miteinander einen Vertrag, indem die individuelle Vereinbarung, wer wem was im Todesfall vererbt, festgehalten wird. Das notarielle Testament und der Erbvertrag werden beim Notar geschlossen. Dazu müsst ihr zum Notar gehen.
Wenn kein Testament, notarielles Testament oder ein Erbvertrag vorliegt, gilt die gesetzliche Erbfolge. Diese ist in §§ 1924 ff. Bürgerliches Gesetzbuch geregelt. Zuerst erben die Kinder des Verstorbenen (Erblassers) und deren Nachkommen (§ 1924 BGB). Wenn keine Kinder existieren, dann erben die Eltern und ihre Abkömmlinge (§ 1925 BGB). Existieren keine Eltern, erben die Großeltern und ihre Abkömmlinge (§ 1926 BGB).
Wenn die gesetzlichen Erben durch Testament oder Erbvertrag vom Erbe ausgeschlossen sind, erhalten sie trotzdem den Pflichtteil.
Wann kann auch der Pflichtteil verwehrt werden?
Der Pflichtteil kann sowohl Careleavern als auch ihren leiblichen Eltern aus den in den in §§ 2339 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch erwähnten Gründen gemäß § 2345 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch verwehrt werden. Dies ist u.a. nur bei einer schweren Straftat möglich:
1. Wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht oder in einen Zustand versetzt hat, infolge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
2. Wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
3. Wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
4. Wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267, 271 bis 274 des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht hat.
Wann kann die Zahlung von Beerdigungskosten verweigert werden?
Der Erbe muss die Kosten für die Beerdigung tragen (§ 1968 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Pflichtteilsberechtigte muss die Beerdigungskosten dagegen nicht zahlen. Er hat sich aber wirtschaftlich daran zu beteiligen. Es handelt sich bei den Kosten um eine pflichtteilsrelevante Verbindlichkeit. Will der Erbe die Beerdigungskosten nicht tragen, muss er das Erbe ausschlagen. Die Frist dafür beträgt gemäß § 1944 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch sechs Wochen nachdem der Erbe vom Anfall der Erbschaft und vom Grund seiner Berufung Kenntnis erlangt (§ 1944 Absatz 2 BGB). Der Erbe muss also wissen, ob er gesetzlicher Erbe ist oder aufgrund eines Testaments oder Erbvertrags Erbe ist.
Wer erbt, erbt mitunter auch Schulden?
Schützen kann man sich, indem man das Erbe ausschlägt oder die Haftung begrenzt. Wie das geht, wird in diesem Podcast beschrieben. Auch worauf zu achten ist, wenn man einzelne Gegenstände aus dem Nachlass behalten will oder die Frist für die Ausschlagung bereits verstrichen ist.
Die Verbraucherzentrale hat dazu eine gute informative Website. Auch der hier verlinkte Podcast fasst alles wichtige zum Thema „erben von Schulden“ noch einmal verständlich zusammen.