Endlich wieder treffen!
Rückblick auf das Netzwerktreffen in Aachen
Nach 2 Jahren fand endlich vom 13-15. Mai 2022 das Netzwerktreffen in Aachen statt. Es trafen sich 19 Careleaver aus 5 verschiedenen Bundesländern.
Wir haben in Aachen ein sehr schönes und angenehmes Wochenende verbracht. Nicht nur Späße zwischendurch machten es besonders gut, sondern auch ein reger Austausch sowie lockere Gespräche zwischen den Teilnehmenden. Jeder konnte seine Meinung einbringen, verschiedene Themen rund um das Thema Leaving Care ansprechen und seine Wünsche und Erwartungen dokumentieren und anschließend besprechen.
Am Freitag reisten alle an und wir veranstalteten einen gemeinsamen Spieleabend mit einer Erwartungs- und Wunschrunde für das Wochenende. Leider lief bei der Deutschen Bahn nicht alles nach Plan, sodass die Anreise bei den meisten Teilnehmenden etwas holprig war.
Am Samstagvormittag lernten wir viele neue Gesichter mithilfe von unterschiedlichsten Spielen kennen und präsentierten (wie in der Einladung angekündigt) unsere Gegenstände, mit denen wir uns als Person identifizieren. Jeder erzählte dabei seine eigene kleine Geschichte, zum Beispiel über ein besonderes Ereignis aus seinem Leben. Dabei wurde es auch etwas emotional.
Am Nachmittag durfte eine Freizeitaktivität für die gute Laune nicht fehlen. Wir machten eine sportliche Tour durch die Aachener Wälder zum Drei-Länder-Eck. Auf dem Weg gab es Stolperfallen, Hügel, Pausen, Sonne, schönes Wetter, gutes Miteinander und leider auch Abweichungen vom Weg. Am Drei-Länder-Eck blieb dann nur eine kleine Verschnaufpause, bevor wir dann schon den Rückweg mit dem Bus antraten, um dann pünktlich zum Abendessen in der Jugendherberge wieder anzukommen.
Zum Schluss wurde am Sonntag der Verein noch vorgestellt, um vielleicht zukünftige Ehrenamtliche zu gewinnen. Danach gab es vor der Abreise für alle noch ein leckeres Mittagessen.
Neben den ganzen Aktionen über die zwei Tage, hatten wir auch zwei sehr schöne Abende. Mit einem kühlen Getränk wurde der letzte Abend schließlich abgerundet und alle hatten ihren Spaß .
Hier teilen vier Teilnehmer*innen ihre Erfahrungen auf dem Netzwerktreffen und ihre mitgebrachten Gegenstände.
Christinas Gegenstand: Ein Glücksbringer ihrer Paten
Mein Gegenstand ist einer meiner vielen bisher gesammelten kleinen Glücksbringer. Es ist eine kleine Eule, welche mir meine Paten zu meinem 27. Geburtstag schenkten.
Sie steht für mich nicht nur für die Verbindung zu diesen, welche in Bayern (Neustadt Aisch) leben, sie ist auch für mich ein Zeichen, welchen Rückhalt mir die ganze Familie meiner Paten immer schon gegeben haben. Ich war bei Ihnen 2008 mal den gesamten Sommer, als es wochenlangen Streit und Chaos innerhalb meiner damaligen Pflegefamiie gab! Sie rufen mich häufig an, interessieren sich für mein Leben und geben mir häufig kleine Dinge, sei es wie mein Eulenanhänger oder auch ein Armband, was mir Kraft geben soll. Ich glaube ja sehr fest an eben solche kleinen „Schutzengel“, trage diese stetig bei mir in der Gewissheit, sie bringen mir Glück und geben eben jene Sicherheit, die mir damals häufig in der Pflegefamilie gefehlt hat !
Meine Paten und ihre Glücksbringer sowie ihre vielen Glückwünsche haben mir, auch wenn wir so weit voneinander entfernt leben (ich wohne ja in Kirchhain in Hessen), immer die Sicherheit gegeben, dass ich jemanden hinter mir stehen habe. Sowohl in Krisen als auch in guten Zeiten, immer halfen sie mir. Selbst, wenn sie mal keine Zeit haben, sie melden sich stets zeitig zurück, geben Ratschläge und Tipps, setzten sich auch damals wahnsinnig für mich ein!!
Ich verbinde zusätzlich mit meinem Gegenstand die Ansicht, dass immer etwas Gutes in allem stecken kann, dass sich bei Verschließen der einen Tür auch immer eine neue öffnet.
Daher:Ich wünsche jedem wenigstens eine Person, die wie meine Paten mir, ihnen den Rücken stärkt. Jeder darf auch mal Hilfe annehmen und muss sich auch trauen danach zu fragen.
Jeder hat Anspruch auf Hilfe und die sollte ihm doch besonders in gewissen Zeiten zustehen! Ich denke dabei auch an meinen Bruder, welcher leider 2018 gestorben ist. Er war selbst im Careleaver Verein und hat mir damals nur Positives davon berichtet. Nach seinem Tod suchte ich den Kontakt zum Verein und bekam sogleich Antworten, Unterstützung von überaus sozialen und lieben Menschen und ich fand direkten Anschluss!
Florian hatte oftmals keine Unterstützung. Er kam mit mir 1998 in die Pflegefamilie, zog jedoch 2003 in ein Heim und wir wurden getrennt. Früh musste Florian auf eigenen Beinen stehen, hatte bereits mit 17 Jahren in die erste eigene Wohnung ziehen müssen. Florian musste oft mit vielem kämpfen, stand immer wieder auf, gab mir in seinen letzten Monaten nach dem Verlust unserer leiblichen Mutter jedoch immer wieder gute Ratschläge und half mir, wo er nur konnte. Obwohl er selbst sehr darunter litt, dass unsere Mutter verstorben war. Ich denke oft an ihn, vermisse ihn, habe aber im Careleaver Verein auch deswegen Unterstützung wahrgenommen. Auch fanden schöne äußerst positive Gespräche über ihn dort statt. Ich möchte hiermit sagen:
Verliert nicht den Mut, es geht immer weiter!
Eure Christina
Iratsch`s Gegenstand: Ein Geschenk von seinem besten Freund
Mein Gegenstand ist ein Glücksbringer und zugleich auch Haltgeber, der mich dran erinnert, dass man neue Türen öffnen kann. Es ist ein kleines Armband, das mir mein bester Freund geschenkt hat zu Weihnachten.
Da mein Vater uns schon mit sechs Jahren verlassen und sich eine sehr lange Zeit nicht mehr bei uns gemeldet hatte, war es eine sehr schwere Zeit. Nach ein paar Jahren kam er dann mit Geschenken und anderen Gegenstände zu uns nach Hamburg, doch es hat mir alles nichts gebracht, da ich eigentlich nur auf ein Herzliches Hallo mit einer tiefsinnigen Umarmung gewartet hatte, aber statt einer Erklärung bekam ich eine Haarprobe und eine Speichelprobe entnommen, für einen Vaterschaftstest. Damit er und seine neue Frau Gewissheit hatten, dass wir seine leiblichen Kinder sind. Mein Vater hat mir leider bis heute nicht gesagt wie das Ergebniss ist.
Ich wünsche jedem wenigstens eine Person (ehemaliger Bezugsbetreuer oder bester Freund), die einem den Rücken stärkt, mit der man seine Probleme teilen und seine Seele befreien kann. Deswegen bin ich der Meinung, dass jeder einen Anspruch auf Hilfe hat. Diese Hilfe sollte jeder nutzen dürfen! Ich denke da speziell an meine alten Zeiten, wo ich mich nicht getraut habe nach Hilfe zu fragen. Den Kontakt zum Careleaver e.V. entstand durch mein Zwillingsbruder, der den Verein über den Landesheimrat kannte und der mir nur Gutes mit einem Strahlen im Gesicht darüber erzählt hat. Er meinte damals, das nächste Mal sollten wir auch dabei sein. Mein bester Freund und ich haben gesagt ok, wir können es ausprobieren. Wir wurden direkt herzlich aufgenommen, wie eine kleine Familie, die man nie wirklich hatte. Careleaver e.V. hatte es mir ermöglicht, Hilfe und Unterstützung von überaus sozialen und lieben Menschen zu bekommen, die ich sonst nie woanders bekommen hätte!
Mein Motto lautet an euch: Verliert nicht den Mut, denn es geht immer weiter!
Liebe Grüße, Iratsch
Karn`s Gegenstand: Seine Armbanduhr
Wenn wir doch nur mehr Zeit hätten …
Mein persönlicher Gegenstand, der mich am besten beschreibt, ist meine Armbanduhr. Ich bewahre gerne den Überblick über diverse Situationen und orientiere mich stets an folgender Devise: Vorsorge ist besser als Nachsorge.
Allerdings steht meine Uhr auch für eine gewisse Zeitlosigkeit. Mir ist es wichtig, dass ich mir für die alltäglichen Augenblicke und die besonderen Momente Zeit nehme. Somit kann ich die Situation entschleunigen, ein Geschenk machen, welches wir viel zu selten verschenken, nämlich das Geschenk der reinen Aufmerksamkeit und den Moment genießen. Jeder einzelne Augenblick ist kostbar sowie einmalig. Und jeder einzelne Augenblick hält vielfältige Erfahrungen für uns bereit. Manchmal sind die Erfahrungen positiv, manchmal sind die Erfahrungen negativ. Doch so unterschiedlich sie sind – eines haben sie gemeinsam: Jede einzelne Erfahrung lehrt uns etwas!
Jedoch lässt uns unsere konsumorientierte Leistungsgesellschaft vergessen, wie wir gelernt haben, unsere Erfahrungen zu verarbeiten. Sie lässt uns vergessen, uns Zeit zu nehmen. Sie lässt uns vergessen, die einmaligen Augenblicke des Lebens zu genießen. Manchmal sogar lässt sie uns vergessen, wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen wollen …
Wenn wir doch nur mehr Zeit hätten …
- … damit wir nicht in der Hektik des täglichen Lebens untergehen.
- … um die einmaligen Augenblicke des Lebens zu genießen.
- … um zu erkennen, wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen wollen.
Vor einiger Zeit hat mich ein Zitat von Charles Kuralt, ein amerikanischer Journalist, inspiriert: „Die schönsten Erinnerungen sind stets Erlebnisse, für die man sich Zeit genommen hat. Ich weiß genau, dass ich immer durchs Leben gehetzt bin, zu viel Ungeduld und Rastlosigkeit im Gepäck gehabt, zu viele Chancen verpasst, zu viele wertvolle Menschen im aufgewirbelten Staub übersehen habe.“
Gegenstand Lukas
Es fällt mir persönlich sehr schwer, den einen Gegenstand zu finden, der mich und mein Leben auszeichnet. Ich habe mich für eine Mischung von Sachen entschieden. Diese Sachen sind alle verschieden, doch alle verbindet eine bestimmte Erinnerung.
Die Karte steht nicht nur dafür, dass ich gerne reise, sondern auch für mein Leben. Das ich gerne auch als Reise bezeichne, da man viel erlebt. Diese Erlebnisse prägen einen.
Wie man merkt, sind mir Erinnerungen aus meinem Leben sehr wichtig, egal ob Geschenke von wichtigen Menschen oder Fotos.
Der Edelstein stammt aus meiner Kita-Zeit. Der steht also für meine frühe Kindheit. Der Glücksbär Ute, den ich zum Auszug aus der Jugendhilfe geschenkt bekommen habe, steht für meine Zeit in der Jugendhilfe. Die auch meinen beruflichen Werdegang geprägt haben, dass ich mit Kindern später arbeiten möchte.
Die Münze ist ein Geschenk von einer Person, die mir sehr wichtig ist und erinnert mich außerdem daran, dass Geld im Leben nicht das Wichtigste ist, sondern Freunde und Familie.
Liebe Grüße Lukas