Wir reden mit!
Stimmen vom Bundesnetzwerktreffen der Interessenvertretungen BUNDI
Vom 1. bis zum 3. März 2024 fand das Bundesnetzwerktreffen der Interessenvertretungen der Kinder und Jugendlichen aus stationären Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung (kurz BUNDI) im Haus Wasserburg in Vallendar statt. Aktuell gibt es in sieben Bundesländern eine von den jeweiligen Gruppensprecher*innen in den Einrichtungen gewählte landesweite Interessenvertretung.
Die Landesheimräte sind selbst organisierte Gremien, die sich für die Wahrnehmung der Rechte von Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen in Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe und der stationären Eingliederungshilfe einsetzen. Das vorrangige Ziel ist es, auf eine möglichst wirkungsvolle, gelebte Beteiligung in stationären Hilfeeinrichtungen hinzuwirken.
Einmal im Jahr treffen sich die Landesheimräte zu einem Bundesnetzwerktreffen, das jedes Jahr von einem anderen Bundesland organisiert wird. In diesem Jahr nahmen 43 Kinder und Jugendliche sowie elf Begleitpersonen daran teil.
Jeremy Link ist Bundesvorsitzender des LJHR-Rheinland-Pfalz, der das Treffen in diesem Jahr ausgerichtet hat. Er sammelte während des Wochenendes Stimmen und Einblicke, die einen spannenden Einblicke in die Arbeit der Landesheimrät*innen geben:
Jeremy (RLP): Wie würdest du das BUNDI beschreiben, was ist das eigentlich?
Chantale (Bayern): Das BUNDI ist ein Vernetzungstreffen zwischen allen Bundesländern, die eine Interessenvertretung haben. Das dient zum Austausch.
Nader (Hessen): Es ist für uns als Selbstvertretung eine gute Chance zum Zusammenschließen, weil wir nicht oft diese Chance haben auf Bundesebene miteinander zu kommunizieren. So können wir schauen, wo wir Sachen verschieden machen, wo wir aber auch an gleichen Zielen arbeiten und gegenseitig unsere Arbeit auch verbessern können. Es ist auch ein sehr cooler Platz, um Gleichgesinnte zu sehen und Motivation für das Ehrenamt und seine eigene Arbeit in der Selbstvertretung zu finden.
Jeremy (RLP): Warum braucht es eine bundeslandübergreifende Vernetzung?
Leon (Sachsen): Das hat verschiedene Gründe. Zum einen, weil jede Selbstvertretung andere Strukturen hat und wir somit viel voneinander lernen können. Einfach Vernetzung: jeder macht Fehler, jeder macht sein Zeug aber auch irgendwo gut, so dass wir aus guten bestehenden Sachen lernen können. Zum anderen finde ich es auch wichtig, weil Jugendämter manchmal Sachen machen, die wir nicht so toll finden und durch eine bundesweite Vernetzung können wir auch den Jugendämtern nicht Druck, aber besser verständlich machen, was wir wollen und was wir brauchen.
Diana (Bayern): Darüber haben wir heute auch im Workshop gesprochen, dass es extrem wichtig ist, sich auszutauschen. Zum Beispiel haben wir in Bayern jetzt zum
Thema Hilfeplan ganz viel ausgearbeitet. Und es gab ja auch schon andere Interessenvertretungen, die das Thema durchgenommen und was erarbeitet haben. Es wäre praktischer, wenn wir uns besser austauschen würden und dadurch auch Arbeit sparen würden.
Phil (NRW): Ich finde es wichtig, da manche Themen nicht nur ein Bundesland betreffen, sondern ganz Deutschland und man sich im BUNDI-Treffen dazu vernetzen kann und darüber sprechen und es bearbeiten kann, um es dann vielleicht sogar zu lösen.
Joan (Brandenburg): Wenn man sich andere Strukturen und Gremien anschaut ist es so, dass die auch eine bundesübergreifende Vernetzung haben, siehe BundesschülerInnenkonferenz, siehe Ombudsschaften, die ein Bundesnetzwerk haben, siehe Careleaver e. V.. Es ist wichtig, dass wir eine Chance haben, uns auf Bundesebene zu vernetzen, weil die Themen und die Arbeitsweisen auch völlig unterschiedlich sind. Und es ist einfach interessant zu sehen, was in anderen Bundesländern abgeht. Und es ist auch wichtig das bundesübergreifende Vernetzungspotenzial auszunutzen, weil nicht jedes Bundesland hat das eben [eine landesweite Interessenvertretung]. Die, die das haben, sollten es auch nutzen und dafür sorgen, dass es auch bald alle haben.
Jeremy (RLP): Warum braucht es deiner Meinung nach Interessenvertretungen für Kinder und Jugendliche in den Hilfen zur Erziehung?
Leon (Sachsen): Ich erzähle mal, warum ich das persönlich wichtig finde: Ich komme aus einer WG [Wohngruppe] und habe immer gedacht, dass diese WG supertoll ist. Und dann habe ich mich mal mit anderen unterhalten und über Kinderrechte informiert und gemerkt: es haut so viel nicht hin. Es gibt überall Probleme, es gibt Kinderrechtsverletzungen, es gibt Sachen, wo ich denke, warum kann man die nicht zu Tode klagen? Und darum braucht es eine Selbstvertretung, wir müssen uns zusammenschließen und sagen: Hier stimmt was nicht, hier werden Kinderrechte nicht eingehalten, oder auch andere Themen, für die sich Selbstvertretungen einsetzen. Da gibt’s Diskriminierungen, das geht nicht. Oder ein großes Thema bei allen sind die Gelder, die nicht reichen, vor allem in Zeiten großer Inflation. Ich denke, dass man das alleine nicht erreichen kann, sondern bloß durch eine aktive Selbstvertretung kann man eine Basis schaffen, auf der man sagen kann: wir sind hier, wir sind viele und wir haben die Möglichkeit Druck zu machen, irgendwas muss hier geändert werden.
Diana (Bayern): Ich finde es auf jeden Fall wichtig, sich einzusetzen für bestehende Probleme. Es gibt Probleme, die sind seit Ewigkeiten bekannt und die gibt es immer noch. Es ist wichtig, dass jemand dahintersteht und was dagegen tut, dass es sich verbessert. Und auch, dass die Kinder und Jugendlichen jemanden haben, an den sie sich wenden können bei Problemen, wenn sie merken, da stimmt was systematisch nicht.
Jannes (Hessen): Es braucht eine Interessenvertretung, um sicherzustellen, dass Kinder- und Jugendrechte gewahrt sind. Dass Kinder und Jugendliche eine Anlaufstelle haben, wo sie hinkönnen, falls sie von allen anderen abgewiesen werden oder ihnen Steine in den Weg gelegt werden. Zudem ist es wichtig, um Veränderungen zu bewirken und mit dem Wandel der Zeit zu gehen, mit den Kinder- und Jugendrechten und dem System der Jugendhilfe. Und natürlich, um allen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, eine Stimme nach draußen zu tragen und eine eigene Meinung zu vertreten.